„Der ideale Mann“ im Burgtheater

„Der ideale Mann“ läuft aktuell im Burgtheater. Elfriede Jelinek hat das Stück von Oscar Wilde adaptiert und auf die Wiener Bühne gebracht. Der wunderbare Michael Maertens spielt eine der Hauptrollen. Lord Caversham wird von Johann Adam Oest verkörpert, unter anderem bekannt als Vater von Herr Lehmann. Bis auf den Butler sind die übrigen Charaktere uninteressant und daher nicht erwähnenswert, obwohl viele von ihnen eine schauspielerische Höhe gezeigt haben.

Jelinek hat es in guter österreichischer Art geschafft, eine Geschichte von Beginn an aus eigener Hand zu konterkarieren. Sie hat nach dem letzten Strohhalm gegriffen und ihre fade Inszenierung an den Geschehnissen rund um Karl-Heinz Grasser und die Hypo-Alpe-Adria aufgehängt. Und davon versucht das Stück zweieinhalb Stunden lang zu überleben.

Mit unaufhörlichen und alles andere als subtilen Anspielungen auf die Bankenpleite bombardiert Jelineks Adaption den Zuschauer. Ein Eigenleben hat es an diesem Abend auf der Bühne der Burg nicht gegeben. Betrug, Intrigen, gierige Adelige, das ist der Stoff, aus dem sich die Einfallslosigkeit Jelinkes speist. Nicht einmal Maertens‘ darstellerisches Können uns seine markante Schreistimme vermögen es, die Geschichte aus der Nahtoderfahrunf wiederzubeleben.

Nach der Pause wird es selbstredend besser. Die Botschaft an diesem Abend lautet: Wir hier in Österreich verstehen unter Kunst, unsere Schöpfungen an bekannten Geschichten zu orientieren und diese zu kopieren. Dann stellen wir uns hin, freuen uns des Lebens und tragen in uns das Gefühl, kreativ gewesen zu sein, obwohl wir genau das Gegenteil sind, nämlich fad. Elfriede Jelinek hat mit dem „idealen Mann“ eben diesen Eindruck in Zement gegossen.